Über eine Exkursion zur Gedenkstätte KZ Osthofen der Stufe 11 verfasste Helin Kilic diesen Beitrag:

Wir leben in einer Zeit, in der das Aufgreifen der geschichtlichen Vergangenheit eine hohe Wertschätzung mit sich bringt. Nicht in dem Sinne, dass wir daran festhalten und Bewunderung zeigen sollten, sondern vielmehr, dass wir sie fürchten und gedenken sollten.

In diesem Sinne unternahm ich als Schülerin des Geschichts-Leistungskurs 11 mit unserer Lehrerin Frau Weishahn und den beiden Geschichts-Grundkursen der Stufe 11 unseres Gymnasiums unter Leitung von Frau Heim-Cleppien eine Exkursion nach Osthofen in die dort ansässige KZ-Gedenkstätte.
Diese Gedenkstätte ist ein Beispiel dafür, wie grausame Orte in Lernmöglichkeiten umgewandelt und hierfür nutzbar gemacht werden können. Durch die Führung, die angereichert mit Quellenmaterial war, wurde mir vieles deutlich klarer als es mir zuvor schon war. Im Laufe der Führung habe ich realisiert, dass das Erinnern für uns so einfach, jedoch auch so viel Arbeit ist.
Die Erarbeitung der Ausstellung, die Recherchen hierfür, die Kosten und vieles Weitere beruht auf den Herzen vieler Engagierter, die den damaligen Opfern die Möglichkeit geben wollen, eine letzte Stimme zu besitzen.
In dem Gebäude einer ehemaligen Papierfabrik fühlte ich mich nicht wie in einem Museum, sondern eher wie an einem verlassenen Ort, der auf mich bedrückend, kalt und leblos wirkte, was auch das Ziel von Gedenkstätten zur NS-Zeit ist. Es fühlte sich nicht nachgestellt, sondern sehr real an. Genau wie man es sich vorstellen würde, oder sogar noch grausamer.
Durch unsere Gespräche mit Jonas, der uns kompetent durch das Lager führte, wurde uns zunächst Grundwissen zum Nationalsozialismus vermittelt, welches man schon auf eine Art und Weise besaß. Jedoch wurde mir im Laufe der Führung, besonders bei den Abschlussgesprächen, bewusst, wie wenig ich eigentlich über das Leid der Opfer Bescheid wusste.
Alles, was uns über die Situation im KZ-Lager Osthofen erzählt wurde, war so grausam und unmenschlich, dass ich mir schwer vorstellen konnte, dass ein Mensch einem anderen Menschen solch monströse Dinge antun konnte. Beispielsweise in der Biographie Wilhelm Vogels, der im KZ als Kommunist vieles erleben musste, bevor es ihm, als einer von wenigen gelang, zu flüchten. Auch Ernst Katz musste als Jude in Osthofen vieles überwinden. Er wurde misshandelt und gezwungen gegen seine religiösen Grundsätze zu verstoßen, als er beispielsweise genötigt wurde, Schweinefleisch an einem jüdischen Festtag zu essen. Beide aus verschiedenen Gründen dort und beide tapfer um ihr Überleben kämpfend.
An diesen und vielen anderen Beispielen wurde mir bewusst, wie wichtig es ist, über die Vergangenheit möglichst viel in Erfahrung zu bringen, damit wir Jungen, als Nachfahren der damaligen Zeit, auch zum Erinnern und Gedenken beitragen können, damit diese Gräueltaten des Nationalsozialismus nicht mehr geschehen können.
Als ich meine eigenen Erfahrungen an diesem Ort des Gedenkens gesammelt hatte, wurde mir klar, wie wichtig es ist, die Vergangenheit als Schritt voran statt zurück zu nutzen. Über diese dunkle Zeit, wo so viele litten und manipuliert wurden, kommt so viel Quellenmaterial an den Tag, welches man zum Öffnen vieler Augen nutzen könnte – so wie es die KZ-Gedenkstätte Osthofen vorbildlich tut. Jeder junge Mensch sollte die Chance nutzen, die unsere Schule uns gewährt hat, einen Blick in die dunkelste Vergangenheit unserer Geschichte zu werfen, um eine positive Zukunft daraus mitzugestalten.

Helin Kilic, G-LK11